Magen und Darm


Erkrankungen von Bauchgefäßen, Bauchfell und Bauchwand

Bauchfellentzündung

Bauchfellentzündung (Peritonitis): Lebensbedrohliche Entzündung des Bauchfells, verursacht durch das Eindringen von Darminhalt, Verdauungssäften oder Gallenflüssigkeit in die Bauchhöhle. Die Bauchfellentzündung kann örtlich begrenzt sein (lokale Peritonitis) oder das ganze Bauchfell betreffen (generalisierte Peritonitis). Behandelt wird mit Antibiotika, intensivmedizinischer Überwachung und Stabilisierung des Patienten und der Beseitigung des Entzündungsherdes. Bis zu 30 % der Betroffenen sterben an der Bauchfellentzündung, vor allem durch Komplikationen wie Blutvergiftung, Abszess oder Darmlähmung.

Symptome und Leitbeschwerden

Lokale Bauchfellentzündung

  • Starke, bewegungsabhängige Bauchschmerzen, die örtlich eingrenzbar sind
  • Appetitlosigkeit
  • Kaltschweißigkeit und Herzrasen
  • Starkes Krankheitsgefühl
  • Mäßiges Fieber.

Generalisierte Bauchfellentzündung

  • Zusätzlich brettharter Bauch (akutes Abdomen).

Wann zum Arzt

Sofort, wenn

  • die obigen Symptome auftreten.

Sofort den Notarzt rufen, bei

  • bretthartem Bauch, Fieber und Kreislaufproblemen!

Die Erkrankung

Das Bauchfell (Peritoneum) kleidet den ganzen Bauchraum wie eine Folie aus und umschließt jede Darmschlinge. Die Ursachen für eine Entzündung des Bauchfells sind unterschiedlich, es besteht aber immer Lebensgefahr.

Ursachen und Risikofaktoren

Perforationsperitonitis. Besonders gefährlich ist es, wenn größere Mengen bakterienhaltigen Darminhalts in die Bauchhöhle gelangen, z. B. bei einem Blinddarmdurchbruch. Er ist ein Beispiel für eine Perforationsperitonitis, weil hierbei Bakterien infolge des Durchbruchs (Perforation) der Darmwand in die Bauchhöhle gelangen. Weitere Beispiele sind der Magendurchbruch, z. B. bei einem fortgeschrittenen Magengeschwür (Ulkuskrankheit) oder der Darmdurchbruch bei einer Divertikulitis. Doch nicht nur Bakterien sind gefährlich, wenn sie durch ein Loch aus einem Bauchorgan in die Bauchhöhle gelangen: Auch aggressive Verdauungssäfte der Bauchspeicheldrüse, z. B. bei der akuten Bauchspeicheldrüsen-Entzündung, oder Gallenflüssigkeit führen zu schwersten Entzündungsreaktionen am Bauchfell.

Zur Durchwanderungsperitonitis kommt es, wenn Darmschlingen absterben und die Darmwände dadurch für Bakterien durchlässig werden. Zum Absterben von Darmgewebe führen vor allem der Darmarterienverschluss, aber auch der Darmverschluss (Ileus) oder ein eingeklemmter Eingeweidebruch (Inkarzeration).

Postoperative Peritonitis. Tritt eine Bauchfellentzündung nach einer Bauchoperation auf, wenn z. B. eine Wundnaht aufgegangen ist oder durch die Operation Bakterien in die Bauchhöhle eingeschleppt wurden, spricht der Arzt von einer postoperativen Peritonitis.

In selteneren Fällen entstehen Bauchfellentzündungen über den Blutweg im Rahmen einer Tuberkulose oder anderer Infektionskrankheiten. Auch durch Fisteln gelangen Darmbakterien leicht in die Bauchhöhle (Fisteln entstehen z. B. häufig bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen).

Komplikationen

Zu den wichtigsten Komplikationen gehört die Blutvergiftung (Sepsis), d. h. das Ausbreiten der Entzündung über die Blutbahn auf den ganzen Körper. Außerdem entwickelt sich durch die Bauchfellentzündung sehr häufig eine Darmlähmung (paralytischer Ileus). Kritische Folgen einer Bauchfellentzündung sind auch Verklebungen und Verwachsungen, es drohen dadurch die Einklemmung von Darmanteilen oder ein Bridenileus.

Diagnosesicherung

Die Heftigkeit der Schmerzen, eine ausgeprägte Druck- und Klopfempfindlichkeit und/oder ein brettharter Bauch sind zusammen mit der Vorgeschichte richtungweisend für den Arzt. Treten niedriger Blutdruck, Kaltschweißigkeit und extremes Angstgefühl hinzu, erfolgt die sofortige Krankenhauseinweisung. Dort setzt der Arzt zur Sicherung der Diagnose zusätzlich bildgebende Verfahren wie Ultraschall, eine Röntgen-Abdomenleeraufnahme und ein CT des Bauchraums ein. Das Labor bestätigt den Entzündungsprozess mit angestiegenen Entzündungswerten im Blut (CRP, weiße Blutkörperchen, BSG). Manchmal punktieren die Ärzte die Bauchhöhle und lassen die gewonnene Flüssigkeit im Labor untersuchen. In unklaren Fällen entscheiden sich die Ärzte auch für eine Bauchspiegelung oder eine diagnostische Baucheröffnung.

Differenzialdiagnosen. Ähnlich ausgeprägte Beschwerden verursachen z. B. der Darmarterienverschluss, die akute Bauchspeicheldrüsenentzündung und die Blinddarmentzündung.

Eine ganze Reihe von Erkrankungen rufen das Bild einer Peritonitis hervor, ohne dass eine Peritonitis vorliegt (Pseudoperitonitis). Dazu gehören vor allem urologische Erkrankungen wie die akute Nierenbeckenentzündung oder der Niereninfarkt, der Herzinfarkt, aber auch Stoffwechselentgleisungen wie das diabetische Koma oder die Addison-Krise.

Behandlung

Die Chirurgen öffnen den Bauchraum in einer Notoperation (Notfall-Laparatomie), um die Infektionsquelle bzw. die Durchbruchsstelle zu beseitigen. Sie saugen die Sekrete ab, vernähen eventuelle Durchbruchstellen und entfernen abgestorbene Gewebeteile. Schließlich spülen die Ärzte die Bauchhöhle mit steriler Flüssigkeit und gegebenenfalls mit Antibiotika (die Antibiotikatherapie wird nach der Operation durch Infusionen fortgesetzt). Damit Wundsekrete und Flüssigkeiten gut abfließen können, legen die Ärzte Drainageschläuche in die Bauchhöhle. Bei einer ausgeprägten Entzündung verschließen die Ärzte die Bauchwunde meist nur vorläufig, um dann nach etwa 2 Tagen den Zustand im Bauch mit einer erneuten Operation zu kontrollieren (Second-Look-Operation).

In den Fällen, in denen die Ursache nicht chirurgisch behoben werden kann oder der Patient nicht operationsfähig ist, beginnen die Ärzte sofort hochdosiert mit Antibiotikainfusionen.

Prognose

Je nach vorliegender Grunderkrankung und Ausprägung der Bauchfellentzündung reicht die Sterblichkeit von 0 bis zu 50 %.

Darmarterienverschluss und Angina abdominalis

Darmarterienverschluss (Mesenterialinfarkt): Lebensgefährlicher akuter Verschluss einer oder mehrerer Darmarterien (Mesenterialgefäße) mit stärksten Bauchschmerzen. Ursache sind Thrombosen aufgrund von ausgeprägten Gefäßverkalkungen oder Blutgerinnsel aus dem Herzen, die sich lösen, in den Blutkreislauf gelangen und dann die Darmarterien verschließen (Embolien).

Angina abdominalis (Angina intestinalis, Claudicatio abdominalis): Vorstufe des Darmarterienverschlusses (ähnlich zur Angina pectoris als Vorstufe des Herzinfarkts) mit immer wiederkehrenden Bauchschmerzen nach dem Essen.

Vor allem ältere Menschen sind von Durchblutungsstörungen der Darmarterien betroffen. Werden sie nicht rechtzeitig erkannt und operiert, sterben Darmschlingen ab und es kommt zum Durchbruch von Darminhalt in die Bauchhöhle mit Bauchfellentzündung (Peritonitis). Die Prognose ist schlecht, 60–80 % der Patienten mit einem Darmarterienverschluss sterben an den Folgen.

Symptome und Leitbeschwerden

Angina abdominalis

  • Immer wieder Bauchschmerzen nach dem Essen
  • Gewichtsabnahme.

Darmarterienverschluss

  • Plötzlich, meist nach dem Essen auftretende stärkste Bauchschmerzen, die sich schlecht lokalisieren lassen
  • Starkes Krankheitsgefühl
  • Im Spätstadium verhärtete Bauchdecke mit starker Abwehrspannung, Herzrasen und Fieber.

Wann zum Arzt

Sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus, wenn

  • die geschilderten Symptome eines Darmarterienverschlusses auftreten.

In den nächsten Tagen bei

  • wiederkehrenden Bauchschmerzen nach dem Essen
  • ungewollter Gewichtsabnahme.

Die Erkrankung

Der Darm wird von den Mesenterialarterien mit Blut versorgt. Sind die Arterien aufgrund einer Arteriosklerose (Gefäßverkalkung) verengt oder durch einen Thrombus oder ein angeschwemmtes Blutgerinnsel (Embolie) blockiert, gelangt nicht mehr genügend Blut in die Darmwände. Diese Minderdurchblutung macht sich vor allem bemerkbar, wenn der Darm arbeiten muss und dafür mehr Sauerstoff benötigt. Die Folgen reichen von Schmerzen nach dem Essen bis hin zum Absterben von Darmgewebe.

Klinik

Angina abdominalis. Bei dieser Durchblutungsstörung des Darms stellen sich wiederholt etwa 15–30 Minuten nach dem Essen Bauchschmerzen ein. Weil die zuführende Arterie verengt ist, versorgt sie den auf Hochtouren arbeitenden Darm nicht ausreichend mit Blut. Dem Darm fehlt Sauerstoff und es entstehen Schmerzen. Manchmal bessern sich die Beschwerden, wenn die Patienten kleinere Portionen zu sich nehmen. Solche Maßnahmen halten den eigentlichen Krankheitsprozess aber nicht auf: Die Arterien verkalken immer weiter, bis irgendwann ein kompletter Darmarterienverschluss droht.

Darmarterienverschluss. Die plötzliche komplette Unterbrechung der Blutversorgung (akute Ischämie) in einer Darmarterie äußert sich in plötzlich auftretenden, stärksten, krampfartigen Bauchschmerzen, die bis zum Schock führen können. Oftmals kommen auch Übelkeit und Erbrechen hinzu. Diese erste Phase dauert bis zu 6 Stunden an.

Darauf folgt eine etwa 6–12 Stunden dauernde Phase, die der Arzt auch als stummes Intervall (fauler Friede) bezeichnet. In dieser Zeit lassen die Darmbewegungen und die Schmerzen nach, das Absterben der Darmwand schreitet jedoch währenddessen weiter fort.

In der dritten Phase nach dem stummen Intervall treten wieder stärkste Schmerzen ein. Das liegt daran, dass nun durch das abgestorbene Gewebe der Darmwand Bakterien in die Bauchhöhle einwandern. Dort verursachen sie eine Bauchfellentzündung bis hin zu Blutvergiftung und Schock. Typisch sind in dieser Phase ein brettharter Bauch und eine "Totenstille" im Darm, da durch die eingetretene Darmlähmung keinerlei Darmgeräusche mehr zu hören sind.

Ganz ähnliche Symptome zeigen sich auch, wenn es zu einer Mesenterialvenenthrombose (Verschluss einer Darmvene durch ein Blutgerinnsel) kommt.

Diagnosesicherung

Angina abdominalis. Bei der Angina abdominalis lenken vor allem die typischen Beschwerden nach dem Essen den Verdacht auf eine Durchblutungsstörung im Darm. Mit der Farbduplexsonografie und der Angiografie weist der Arzt dann die verengte Arterie nach.

Akuter Darmverschluss. Der akute Darmarterienverschluss ist ein Notfall und zeigt deutliche Symptome: Stärkste Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und ein meist schwerkranker Patient. Im Frühstadium ist der Bauch weich, im Spätstadium bretthart. Beweisend sind auch hier die Farbduplexsonografie, die Angiografie sowie die Computertomographie (CT-Angiografie), mit denen der Arzt den Verschluss einer Darmarterie gut erkennt. Wichtige Indizien für einen Darmverschluss sind außerdem ein starker Anstieg der weißen Blutkörperchen und des Laktats im Blut. Im EKG zeigt sich oft ein Vorhofflimmern als Ursache der Embolie.

Differenzialdiagnosen. Schwerste Bauchschmerzen verursachen z. B. auch die akute Bauchspeicheldrüsenentzündung, Magengeschwüre, ein Magendurchbruch oder eine Blinddarmentzündung.

Behandlung

Angina abdominalis. Wird eine Angina abdominalis frühzeitig erkannt, gibt es für die Ärzte mehrere Möglichkeiten, die Durchblutung des Darms sicherzustellen:

  • Perkutane transluminale Angioplastie, PTA: Dabei schieben die Ärzte über die Leiste einen Katheter in die verengte Arterie und dehnen die Engstelle mit einem Ballon auf (Ballondilatation). Zusätzlich legen sie manchmal auch eine Gefäßstütze (Stent) in die Engstelle der Arterie, die das Gefäß von innen offenhält.
  • Thrombendarteriektomie. Bei dieser Operation entfernen die Ärzte den Thrombus bzw. die Embolie, indem sie die betroffene Arterie öffnen und ausschälen. Dadurch wird das vorher verengte Gefäß wieder durchgängig.
  • Bypass. Mit einem Bypass überbrücken die Ärzte vor allem längere Engstellen. Der Bypass besteht entweder aus einer Vene des Patienten selbst (meist eine oberflächliche Beinvene) oder aus Kunststoff und wird vor und hinter der Verengung auf das Gefäß genäht.

Darmarterienverschluss. Nur wenn der Arzt die Diagnose so rechtzeitig stellt, dass schon nach weniger als 6 Stunden die Behandlung beginnen kann, besteht die Hoffnung, dass der Darm noch zu retten ist. Ziel der Behandlung ist die Beseitigung der Embolie (Thrombose), entweder über einen Katheter oder eine offene Bauchoperation.

Verfahren über den Katheter

  • Thrombendarteriektomie
  • Perkutane transluminale Angioplastie, Ballondilatation mit und ohne Einlage eines Stents (siehe oben)
  • Thrombolyse, hierbei spritzen die Ärzte durch einen bis an die Engstelle vorgeschobenen Katheter Medikamente (sog. Fibrinolytika) direkt in den Thrombus, um diesen aufzulösen.

Wenn diese Maßnahmen versagen, müssen die Ärzte zu einer offenen Bauchoperation wechseln. Bei dieser Operation arbeiten Gefäßchirurgen und Bauchchirurgen dann meistens im Team. Die Gefäßchirurgen eröffnen die betroffene Arterie und entfernen das Blutgerinnsel, die Bauchchirurgen entnehmen die nicht mehr durchbluteten und abgestorbenen Darmanteile. Die Sterblichkeit bei einer solchen Notoperation liegt bei über 50 %.

Prognose

Die Prognose beim kompletten Darmarterienverschluss ist schlecht: 60–80 % der Patienten versterben daran.

Ihr Apotheker empfiehlt

Prävention

Weil sich der akute Darmverschluss in den meisten Fällen auf dem Boden von verengten und verkalkten Gefäßen entwickelt, empfehlen sich zur Prävention die gleichen Basismaßnahmen wie bei einer Arteriosklerose:

  • Mit dem Rauchen aufhören. Rauchen ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Entwicklung einer Arteriosklerose. Wer damit aufhört, entlastet seine Gefäße. Eine Nikotinersatztherapie oder Medikamente können Sie beim Rauchstopp unterstützen. Tipps zur Raucherentwöhnung finden Sie im Beitrag Nikotinabhängigkeit.

Bluthochdruck behandeln. Langfristiger hoher Blutdruck schadet den Gefäßen ebenfalls. Nehmen Sie Ihre Blutdrucksenker daher konsequent ein und lassen Sie die Blutdruckwerte regelmäßig kontrollieren.

Gesundes Gewicht halten. Fettleibigkeit ist in keiner Hinsicht gesund, zudem ist auch Übergewicht ein Risikofaktor für die Arteriosklerose. Hilfreiche Tipps und Informationen zum Thema Abnehmen finden Sie im Beitrag Übergewicht und Adipositas bei Erwachsenen.

In Bewegung bleiben. Moderater Ausdauersport, vor allem Joggen, Nordic Walking, Schwimmen und Radfahren trainiert Muskeln, Lunge und das ganze Herz-Kreislaufsystem. Nebeneffekt: Je mehr Sie sich bewegen, desto leichter fällt es Ihnen, ein gesundes Gewicht zu erreichen oder zu halten.

Weniger Alkohol trinken. Wer seine Gefäße schützen will, muss nicht vollständig auf Alkohol verzichten. Gegen einen maßvollen Alkoholkonsum ist nichts einzuwenden – der ist aber geringer als die meisten vermuten würden. So sollten Männer pro Tag nicht mehr als ca 20 g Alkohol zu sich nehmen (das entspricht etwa einem 0,5 l Bier oder 0,2 l Wein), Frauen nicht mehr als ca. 10 g (also etwa 0,25 l Bier oder 0,1 l Wein).

Gesund ernähren. Eine gesunde Ernährung ist elementar für gesunde Gefäße. Eine wichtige Stellschraube sind Zucker und tierische Fette. Wer hier Verzicht übt, verbessert seine Blutfettwerte und beugt gleichzeitig Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2 vor. Hilfreiche Ernährungstipps finden Sie auch im Beitrag Koronare Herzkrankheit.

Stress reduzieren. Ständiger Zeitdruck und Stress schaden nicht nur der Psyche, sondern auch den Gefäßen. Versuchen Sie, Ihr Leben in eine gesunde Balance zu bringen und immer wieder kleine Erholungspausen einzulegen. Hilfreich dabei sind z. B. Mind-Body-Therapien wie autogenes Training oder Tai Chi.

Eingeweidebruch

Eingeweidebruch (Hernie): Sack- oder beulenartige Ausstülpung des Bauchfells (Bruchsack) durch eine Lücke in der Bauchwand (Bruchpforte, Bruchring). Der Bruchsack enthält Eingeweide, Organteile oder Fettgewebe. Mit 75 % ist der Leistenbruch (Leistenhernie) die häufigste Form der Eingeweidebrüche; betroffen sind vor allem männliche Säuglinge und ältere Männer. Die Schenkelhernie ist mit 10 % die zweithäufigste Form und betrifft besonders oft Frauen ab 50 Jahren.

Eingeweidebrüche lassen sich nur operativ beheben. Ob und wann ein Eingeweidebruch operiert werden muss, hängt von seiner Lage und den Beschwerden ab, die er verursacht. Dringend ist eine Operation immer, wenn sich Organteile (insbesondere Darmschlingen) in der Bruchpforte einklemmen (Brucheinklemmung, Hernieninkarzeration) und ein Darmverschluss und damit ein Absterben von Darmschlingen droht.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Äußerlich sichtbares Vorwölben der Bauchdecke, ständig oder nur beim Husten oder beim Pressen während des Stuhlgangs
  • Gar keine oder leichte Schmerzen; wenn Schmerzen bestehen, dann oft nur bei Belastung oder beim Pressen
  • Stärkste Schmerzen über der Vorwölbung bei Einklemmung von Darmwandanteilen.

Wann zum Arzt

In den nächsten zwei Wochen, wenn

  • eine schmerzlose oder schmerzhafte Vorwölbung im Leisten- oder Nabelbereich bemerkt wird.

In den nächsten Stunden, wenn

  • eine Vorwölbung im Bauchbereich besteht und im vorgewölbten Bauchwandbereich plötzlich starke Schmerzen auftreten oder wenn plötzliche Verdauungsprobleme hinzutreten. Beides weist auf eine Einklemmung von Darmschlingen hin.

Die Erkrankung

Krankheitsentstehung und Ursachen

Normalerweise ist die Bauchwand durch sich überlagernde Muskelschichten vollständig geschlossen, sodass die Eingeweide auch bei erhöhtem Druck im Bauchraum, etwa beim Husten, immer in ihrer Position gehalten werden. In manchen Fällen hält die Bauchwand aber dem Druck von innen nicht mehr stand, sodass sie an ihren natürlichen Schwachstellen – das sind die Durchtrittsstellen von Blutgefäßen, Nerven oder Muskeln – auseinanderweicht. So entstehen Bruchpforten, durch die beim Niesen, Husten, Heben schwerer Lasten oder starken Pressen während des Stuhlgangs die Eingeweide nach außen treten und dann als Vorwölbung (Bruchsack) sicht- und tastbar sind. Ursachen für die Schwächung der Bauchwand sind z. B.

  • schwache Bauchmuskulatur
  • angeborene Bindegewebsschwäche
  • Schäden nach Operationen
  • Übergewicht
  • Schwangerschaft
  • chronischer Husten
  • Verletzungen.

Formen

Brüche oder Hernien lassen sich in verschiedene Formen einteilen:

Erworbene Hernien sind Brüche, die durch äußere Umstände begünstigt werden, vor allem durch häufiges Heben schwerer Lasten oder häufiges Bauchpressen, z. B. bei chronischer Verstopfung. Dagegen entstehen die selteneren angeborenen Hernien durch einen unvollständigen Bauchdeckenschluss in der vorgeburtlichen Entwicklung.

Lässt sich die Vorwölbung von Hand beheben oder gleitet sie von selbst wieder zurück, liegt eine reponible Hernie vor. Verwachsungen zwischen Bruchinhalt und Bruchsack können dazu führen, dass der Eingeweidebruch nicht mehr zurückgeschoben werden kann (irreponible Hernien). Ist die Hernie in die Bruchpforte eingeklemmt, spricht man von einer inkarzerierten Hernie.

Neben sicht- und tastbaren äußeren Hernien gibt es auch innere Hernien, die von außen nicht sichtbar sind. Die häufigste innere Hernie ist der Zwerchfellbruch (Hiatushernie). Seltener sind sie z. B. im Dammbereich (perineale Hernien) oder im kleinen Becken (Hernia obturatoria, Hernia ischiadica) lokalisiert.

Lokalisation

Prinzipiell ist ein Eingeweidebruch überall im Bauchraum möglich; hier eine Übersicht:

Leistenbruch. Der Leistenbruch (Leistenhernie, Inguinalhernie) tritt meist im Schritt über dem Leistenband in Erscheinung. Neugeborene und Kinder sind überwiegend von einem angeborenen Leistenbruch betroffen, bei dem der Bruchinhalt entlang des Samenstrangs (der Kanal, der den Samenleiter enthält) oder des Mutterbands (der analogen Struktur bei Mädchen) austritt. Der erworbene Leistenbruch kommt dagegen meist bei Erwachsenen vor, insbesondere bei Männern in höherem Lebensalter. In diesem Fall tritt der Bruchinhalt direkt durch die geschwächte Bauchmuskulatur des Leistenkanals aus dem Bauchraum in Richtung Hodensack aus. Bei Männern operieren die Ärzte den Leistenbruch, wenn dieser größer wird oder Beschwerden verursacht, wie z. B. Schmerzen oder Probleme beim Wasserlassen. Leistenhernien bei Frauen sollten immer operiert werden.

Schenkelhernie. Bei der Schenkelhernie (Femoralhernie, Hernia femoralis) liegt die Bruchpforte unterhalb des Leistenbands; die Vorwölbung ist meist auf der Oberschenkelinnenseite zu erkennen; sie kann aber auch fehlen. Betroffen sind fast ausschließlich Frauen im mittleren und höheren Lebensalter. Weil die Bruchpforte sehr eng ist, birgt die Schenkelhernie ein besonders hohes Risiko der Einklemmung und wird – sofern keine anderen Erkrankungen dagegensprechen – rasch operiert.

Nabelhernie. Bei der Nabelhernie (Hernia umbilicalis) zeigt sich die Vorwölbung an der Nabelöffnung; sind Säuglinge betroffenen, bildet sich die Nabelhernie oft innerhalb des 1. Lebensjahres von selbst zurück (Spontanverschluss). Bei Erwachsenen wird wegen der relativ hohen Einklemmungsgefahr wenn möglich operiert.

Narbenhernie. Bei der Narbenhernie entsteht der Bruch im Bereich einer Operationsnarbe; sie tritt als Komplikation bei bis zu 10 % aller großen Bauchoperation auf und ist Folge einer gestörten Wundheilung oder einer generalisierten Bindegewebsschwäche.

Wiederholte Eingeweidebrüche. Jeder vierte Eingeweidebruch ist eine Rezidivhernie, d. h. der Erfolg einer vorangegangenen Operation des Eingeweidebruchs war nicht von Dauer. Hier operieren die Ärzte den Bruch ein zweites Mal. War die erste Operation ein offenes Verfahren, gehen sie bei der Rezidivoperation meist minimal-invasiv vor (siehe unten).

Komplikationen

Gefürchtete Komplikation jedes Eingeweidebruchs ist die Einklemmung des Bruchinhalts in der Bruchpforte (Inkarzeration). Hier muss immer sofort operiert werden, da das Absterben der eingeklemmten Darmanteile droht.

Diagnosesicherung

Meist schildert der Patient recht genau, wie und wann sich sein Bruch zeigt. Der Arzt untersucht dann die Bruchpforte und ihre Gegenseite im Stehen und im Liegen. Wölbt sich der Bruch nicht schon von allein vor, lässt er den Patienten husten oder pressen, um die Vorwölbung zu provozieren. Mit einer Ultraschalluntersuchung bestätigt der Arzt die Diagnose und stellt den Bruchinhalt dar, manchmal hört er den Bruchsack auch auf Darmgeräusche ab. Hat der Arzt Zweifel bezüglich Lage und Ausmaß der Hernie, veranlasst er zur Klärung eine MRT oder CT.

Differenzialdiagnosen. Vorwölbungen im Leistenbereich entstehen auch durch Lipome (Fettgewebsgeschwülste), Lymphknotenschwellungen und Gefäßerweiterungen wie z. B. ein Aneurysma der Femoralarterie (Oberschenkelarterie). Vorwölbungen im Nabelbereich kommen auch bei der Rektusdiastase vor.

Behandlung

Operative Behandlung

Wegen der Einklemmungsgefahr ist jeder Eingeweidebruch eine Indikation zur Operation (Bruchlückenverschluss, Hernioplastik), wobei der Arzt zu einem Zeitpunkt operiert, an dem der Patient (fast) keine Beschwerden hat. Ziel ist, den Bruchinhalt in den Bauchraum zurückzuverlagern, die Bruchpforte zu schließen und die Bauchwand so zu verstärken, dass sie künftig dem Bauchinnendruck standhalten kann. Ausnahme ist der unauffällige Leistenbruch beim Mann: hier darf zunächst unter regelmäßigen Kontrollen abgewartet werden. Die Operation steht dann an, wenn der Bruch Beschwerden verursacht oder größer wird.

In Frage kommt entweder die klassische offene Operation oder – immer öfter – die minimal-invasive laparoskopische Technik.

  • Bei der offenen Operation nach Shouldice legen die Ärzte den Bruchsack über einen Schnitt frei, öffnen den Bruchsack und drücken den Inhalt zurück in die Bauchhöhle. Anschließend verschließen sie die Bruchpforte oder engen sie stark ein. Zur Stabilisierung der Bauchwand werden die Ränder der Bauchwandschichten meist überlappend vernäht (Fasziendopplung).
  • Bei größeren Brüchen verstärken die Ärzte die Naht zur Vorbeugung eines wiederholten Eingeweidebruchs (Rezidivhernie) mithilfe von Kunststoffnetzen (Operation nach Lichtenstein).

Minimalinvasive Verfahren setzen die Ärzte vor allem bei Rezidivhernien, bei beidseitigen Hernien und bei allen Hernien der Frau ein. Weil sich die Patienten schon 3–4 Wochen nach dem Eingriff körperlich wieder belasten können, bieten sich diese Verfahren auch bei Patienten an, die schnell wieder fit sein müssen.

  • Transabdominelle präperitoneale Hernioplastik (TAPP): Beim laparoskopischen Zugang erfolgt der Verschluss von innen durch die Bauchhöhle. Über kleine Schnitte führen die Ärzte das Endoskop und die nötigen Instrumente ein und drücken den Bruchinhalt zurück an seinen Platz. Danach schieben sie ein Kunststoffnetz bis zur Bruchpforte und nähen oder klammern es von innen an.
  • Total extraperitoneale Hernioplastik (TEP): Eine Variante der minimal-invasiven Behandlung des Leistenbruchs ist die TEP-Technik über eine Bauchdeckenspiegelung. Hier schieben die Ärzte Endoskop und Instrumente nicht durch die Bauchhöhle, sondern zwischen Haut und Bauchfell ein und bis zum Bruch vor. Der Bruchinhalt wird zurückgedrückt und ein Kunststoffnetz zwischen Bauchmuskulatur und Bauchfell platziert, das die Bruchpforte dann von innen verschließt. Durch die Lage zwischen Bauchmuskulatur und Bauchfell muss das Netz nicht angenäht oder geklammert werden, es hält sozusagen von selbst.
  • Transinguinale präperitoneale Plastik (TIPP): Minimalinvasives Verfahren zur Behandlung der Schenkelhernie, bei der die Ärzte über einen Zugang von der Leiste aus ebenfalls ein Kunststoffnetz einlegen.

Notfalloperation

Bei einem Bruch mit eingeklemmtem Darmgewebe operieren die Ärzte sofort, damit der eingeklemmte Darm nicht abstirbt. Diese Notfalloperation hat ein hohes Risiko, jeder 5. Patient stirbt daran.

Bruchband

Ein Bruchband, das durch mechanischen Druck von außen die Ausstülpung des Bruchsacks vermeiden soll, wird heute nur noch dann verordnet, wenn eine Operation nicht möglich ist oder verweigert wird. Es kann die Ursache nicht beheben und zudem durch den Druck von außen die Haut und das darunter liegende Gewebe schädigen. Außerdem führt ein Bruchband dazu, dass die Muskulatur der Bauchwand durch die ständige Unterstützung immer schwächer wird.

Prognose

Leistenbrüche tauchen nach einer Operation in bis zu 10 % der Fälle wieder auf und müssen dann erneut versorgt werden (sog. Rezidivhernien). Bei einem eingeklemmten Leistenbruch beträgt die Sterblichkeit trotz Operation etwa 20 %.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Bauchdecke schonen. Vermeiden Sie nach der Bruchoperation eine starke Belastung der Bauchdecke so lange, bis die Operationsnaht vollständig geheilt und vernarbt ist. Halten Sie sich während der ersten Tage auch beim Lachen zurück und unterdrücken Sie Schluckauf soweit wie möglich. Legen Sie beim Husten und Niesen immer eine Hand auf den Bauch – so sorgen Sie für einen Gegendruck.

Verstopfung vermeiden. Wichtig ist, dass Sie auf einen weichen Stuhlgang achten. Trinken Sie möglichst viel und fügen Sie ihrer Nahrung Lein- oder Flohsamen hinzu (Selbsthilfe bei Verstopfung).

Bewegung einschränken. Verzichten Sie nach der Operation 3–4 Wochen auf körperliche Aktivitäten. Danach sind leichte Tätigkeiten wie Schwimmen und das gelegentliche Heben von Lasten (weniger als 10 kg) erlaubt. Mittelschwere Tätigkeiten wie Joggen und Radfahren sind nach 6 Wochen, schwere Tätigkeiten wie Gewichtheben und Leistungssport nach 12 Wochen wieder erlaubt.

Schonzeit einhalten. Nach Einsetzen von Netzmaterial ist bei komplikationsloser Wundheilung die Belastbarkeit nach etwa 6–8 Wochen wieder möglich. Wurden Sie laparoskopisch operiert, dürfen Sie sich schon nach etwa 3–4 Wochen wieder voll belasten.

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